Energiewende. Einfach. Machen. - Balkonsolaranlage selber bauen

Ich gebs zu, der Titel ist etwas reisserisch und wirkt wie aus einer gar nicht so guten Werbekampagne geklaut. Aber am Wochenende habe ich an meinem Elternhaus zusammen mit meinem Vater eine Solaranlage selbst gebaut und in Betrieb genommen, da schwingt der Heimwerker-Stolz also mit.

Im Folgenden will ich also ein bisschen was dazu schreiben, wie wir diese 600 Watt „Balkonsolaranlage“ zusammengebaut und in Betrieb genommen habe.

Einzelteile

Die Teile für so eine Balkonsolaranlage gibt es vielerorts im Internet zu kaufen. Auch preislich gibt sich das oft nicht so viel, ich hab mich für Alpha Solar entschieden, die bieten auch den Versand einzelner Solarpanels an, da muss man nicht gleich eine ganze Palette abnehmen oder sowas.

Für die Anlage habe ich gekauft:

(Vor dem Kauf gerne einmal auf diesen Link klicken, dann erhalte ich etwas Provision. Das ändert für den Käufer nichts am Preis.)

Da alle Komponenten für einen „Plug & Play“-Aufbau ausgelegt sind, hält sich die Teileliste in Grenzen. Es sei an dieser Stelle aber erwähnt, dass die Halterungen für Wandmontage dann doch nicht genutzt wurden (und zurückgehen) und wir stattdessen eine Eigenkonstruktion aus Alu-Profilmaterial angefertigt haben. Die ist stabil in das bestehende Balkongeländer bzw. dessen Unterkonstruktion verschraubt und darauf sind auch die beiden Solarpanels entsprechend massiv verschraubt.

Wer sich sowas handwerklich nicht zutraut, dem würde ich empfehlen, sich die verschiedenen Wand- und Balkonhalterungen genauer anzuschauen, die es fertig zu kaufen gibt. Einige werden zum Beispiel mit Klammern am Handlauf des Balkons verschraubt und sind dadurch sehr stabil. Wenn der Handlauf denn dazu passt... Aber das lässt sich gut im Vorfeld herausfinden und klären.

Zusammenbau

Nachdem wir die Unterkonstruktion für die Solarpanels fertig gebaut hatten, kam der „gruselige“ Teil: Die knapp 20 Kilo schweren Panels über den Balkon heben und verschrauben. Das ging soweit ziemlich gut, und wir konnten die Konstruktion am Geländer stabil verschrauben. Sie ist direkt vor den bestehenden Balkonbrettern montiert, so dass die Panels zum einen von hinten einen Wind-/Sturmschutz haben, zum anderen ist die Anlage auch nicht zu sehen oder stört den Blick vom Balkon.

Nach dem Verschrauben haben wir noch den Microwechselrichter mittig zwischen den beiden Panels montiert. Dieser ist nach IP67 geschützt, verträgt damit sogar „zeitweiliges Untertauchen“ in Wasser und muss deshalb nicht extra eingehaust oder sonstwie gegen Regen geschützt werden. Ganz im Gegenteil, die Außenmontage hilft bei der passiven Kühlung des Wechselrichters.

Die Microwechselrichter dieser Serie lasen sich in Reihe schalten, dafür existiert ein AC-Eingang im Wechselrichter. Den haben wir mit der bestellten Blindkappe wasserdicht verschlossen. Am Ausgang haben wir dann das Verlängerungskabel mit Schuko-Stecker angeschlossen und entsprechend auf dem Balkon verlegt.

Die beiden Panels lassen sich, dank entsprechender Stecker verpolungssicher, sehr einfach an die DC-Eingänge des Wechselrichters anstecken. Auch hier finden sich kleine Gummidichtungen um das Ganze wasserdicht zu halten.

Dieser ganze Anschlussvorgang dauert keine 15 Minuten, der schwierige Teil bei solch einer Anlage ist also definitiv die sichere Montage der Panels. Aber wie gesagt, hier gibt es eine Vielzahl an Halterungen, Ständern, etc. pp. für alle möglichen Auf- und Anbauarten, da muss man sich nur im Vorfeld gut informieren.

Inbetriebnahme

Nachdem alles montiert war, haben wir den Schuko-Stecker in die dafür vorgesehene Steckdose eingsteckt und der Wechselrichter fing an rot zu blinken. Während ich noch das Bedienungsanleitungs-PDF suchte, sprang die Anzeige auf grünes Blinken im Sekundentakt um.

Das ist das Zeichen dafür, dass der Wechselrichter und die angeschlossenen Panels korrekt funktionieren und Strom erzeugen/einspeisen.

Die eigentliche Inbetriebnahme dauert also zwei Minuten. Kein Scherz.

“Selbstgebaute Balkonsolaranlage“

Technische Daten

Wir haben uns für eine getrennte Montage der Panels entschieden. Da die Anlage Strom für den Eigenverbrauch erzeugen soll, ist es wichtig, dass sie über einen möglichst langen Zeitraum Strom erzeugt. Dementsprechend hängt ein Panel gen Süden, eins gen Westen (in etwa, der Balkon steht nicht 100% Richtung Süden).

Die installierte Bruttoleistung sind 740 Watt, der Wechselrichter macht daraus maximal 600 Watt Nettoleistung. Das sind aber natürlich beides sehr optimistische Werte für Optimalbedingungen, mal schauen, wo sich das in der Realität einpendelt.

An den ersten drei Tagen haben sie, teilweise zogen Wolken am Himmel entlang, jeweils über 2,3 kWh Strom erzeugt. Ist das viel? Nun, das ist relativ, kann aber trotzdem ein gutes Stück vom Grundbedarf sein: Ein moderner Kühlschrank sollte um die 100 kWh pro Jahr verbrauchen, das lässt sich also (im Mix über das Jahr gesehen) gut über eine solche Balkonsolaranlage „abfrühstücken“.

Rechtliches

Was wären wir in Deutschland ohne etwas rechtliches Rahmenwerk.

Alle Balkonsolaranlagen müssen im Marktdatenstatmmregister angemeldet werden. Der Prozess ist nicht wahnsinnig komplex, aber ich wäre auch gut ohne diesen Verwaltungsakt ausgekommen, nachdem die Inbetriebnahme ansonsten ja wirklich nach dem „Stecker rein und fertig“-Prinzip funktionierte. Wichtig ist, dass man hier angibt, dass man die Leistung der Balkonsolaranlage für den Eigenverbrauch nutzt und nicht ins Netz verkaufen möchte.

Mit der Registrierungsnummer aus dem Marktstammdatenregister konnte ich die Anlage dann auch noch beim örtlichen Stromnetzbetreiber anmelden. Der stellt dafür dankenswerterweise ein Online-Formular zur Verfügung, so dass auch der Prozess relativ schnell abgeschlossen ist. Aber auch das wirkt etwas archaisch, denn „Einspruch“ oder ähnliches kann der Netzbetreiber bei diesen Kleinstanlagen eh nicht einlegen.

Also: Ein notwendiges Übel, aber nichts was einem den Abend ruiniert.

Cloud-Anbindung

Über die DTU-Einheit werden die Leistungsdaten des Wechselrichters permanent in die Cloud von Hoymiles geschickt. Da kann man dann über eine App abrufen, wieviel Leistung die Anlage am Tag erzeugt hat, wie die aktuelle Erzeugung ist, welches Panel, genauer welcher Eingang am Wechselrichter, gerade wieviel liefert etc. pp.

Die App dazu ist etwas gewöhnungsbedürftig und wirkt nicht richtig fertig. Die Übersetzungen sind nicht besonders gut und die Einrichtung von Kundenkonto bis Wechselrichter dürfte auch verbessert werden. Aber ganz so schlecht wie mancher Rezensent bei Google schreibt, ist sie dann auch nicht. Am Wochenende hab ich immer mal wieder reingeschaut wie es um die Anlage steht, wenn es draußen gerade besonders sonnig war oder ähnliches.

Größere Wechselrichter können solche Leistungsdaten oft direkt für die Heimautomatisierung bereitstellen, oder kommen selbst mit solchen Software-Lösungen, das ist dann natürlich noch spannender, weil man die Heißwassererzeugung nur dann laufen lassen kann, wenn man gerade Strom „über hat“ und ähnliches. Für diese Balkonsolaranlage genügt aber die Anzeige des erzeugten Leistung.

“Screenshot aus der Hoymiles-App“

Kosten

Die Gesamtkosten für die Anlage bzw. dessen Teile lagen bei knapp 750 Euro (Retoure der Wandhalterung schon abgezogen). Die Unterkonstruktion konnten wir mit Teilen realisieren, die wir eh im Haus hatten, die werden also als „eh-da-Kosten“ mit 0 Euro veranschlagt. Beispielhaft kosten die Wandhalterungen aber etwa 35 Euro pro Panel, das ist jetzt nicht wahnsinnig teuer, aber auch nur bedingt repräsentativ.

Da jetzt auch kaum Leistungsdaten vorliegen, wird man erst in einem Jahr so richtig Bilanz ziehen können. Gespannt bin ich vor allem auf Herbst und Winter und wieviel Leistung dann noch erzeugt wird.

Alles in allem gehe ich aber schon jetzt davon aus, dass die Anlage sich in vier bis fünf Jahren bezahlt hat.

Optimierungsmöglichkeiten

Unsere Panels lassen sich jetzt nicht im Winkel verstellen, das ist bei Balkonsolaranlagen aber oft der Fall. Wenn man die Panels etwas neigen könnte, könnte man bei hochstehender Sonne im Sommer mehr Leistung aus den Panels rausholen. Bei einer Montage mit 0 Grad Neigungswinkel (parallel zum Balkon) hat man dafür bei niedrigstehender Sonne im Winter tendenziell etwas mehr Ausbeute. Ob und wie sich das im Praxisbetrieb zeigen wird, bleibt abzuwarten.

Es sind Gesetzesänderungen in Planung, um die maximal eingespeiste Leistung zu erhöhen. Kurzfristig scheinen hier 800 Watt im Raum zu stehen, aber auch Leistungen über 1.000 Watt sind im Gespräch. Mehr Panels, ggf. auch mit geteilter Ausrichtung und größere Wechselrichter könnten also relativ zeitnah ein gutes Upgrade auch für so eine kleine Anlage sein und den Nutzen für die Inhaber dieser Kleinstanlagen erhöhen.

Fazit

Dringend nachmachen!

Die ganze Sache ist nicht nur gut für den Geldbeutel, die Umwelt, die Energiewende, die Autarkie der eigenen Wohnung/des eigenen Hauses, sondern macht auch einfach Spaß.

Passende Halterungen vorausgesetzt kann man das in zwei Stunden erledigen und ab da auch in der App schauen, wie es um die eigene Stromerzeugung steht.


Über mich

Ich bin gelernter Mediengestalter, studierter Druck- und Medientechniker und leidenschaftlicher Tüftler und Bastler.

Beruflich beschäftige ich mich mit der digitalen Transformation von Unternehmen, sowie der Automatisierung von Unternehmensprozessen, in der Druck- und Medienbranche. Mehr dazu findet sich im Lebenslauf.

Privat interessieren mich Kaffee(maschinen), Themen rund um Webentwicklung, das Internet im Allgemeinen und Speziellen und vieles, vieles mehr.

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