SaaS-Anbieter: Bitte veröffentlicht eure Preise

Mein Job bringt es mit sich, dass ich immer wieder auf der Suche nach Softwarelösungen für die verschiedensten Probleme oder Themen bin. Und wir leben zum Glück in einer Zeit in der es eine große Menge guter Software gibt und man das Rad nicht neu erfinden muss. Besonders für „Standardaufgaben“.

Man hat nach einiger Suche also was Passendes gefunden, hat das Feature-Set mit der Anforderungsliste abgeglichen und dann... findet man einfach keine Preise. Man klickt sich nochmal durch alle Seiten und findet einfach keine Preisliste. Ich weiß nicht, ob ich der einzige bin, dem es so geht (ich glaube nicht), aber mich nervt das tierisch.

Ich will diese Lösung wirklich kaufen. Ich find die gut, das passt alles und ich bin überzeugt, es wäre wirklich eine Bereicherung für das Projekt. Aber was kostet das?

Wieso finde ich diese Information bei so vielen SaaS-Anbietern nicht auf der Webseite? Der Funktionsumfang ist bestens beschrieben, die einzelnen Pakete mit ihren Funktionsumfängen fein säuberlich aufgelistet, alles was fehlt ist ein Preis. Oder meinetwegen eine Tabelle mit Preisen für die ersten 1000 Benutzer und dann für 1000 bis 5000 Benutzer und dann nochmal für mehr als 5000 Nutzer oder sowas.

Aber nein, ausgerechnet diese wichtige Information bleibt man schuldig. Stattdessen ein „Fordern Sie ein Angebot an“-Button. Immer wenn ich den sehe, habe ich das Gefühl, dass ich gleich übers Ohr gehauen werden soll. Ich will eine Chatlösung für eine Webseite kaufen, keine individuell und von Hand gefertigte Rakete, die mich zum Mond bringen soll. Als Anbieter solch einer Lösung muss ich doch eine vernünftige Preisstruktur haben und bereits im Vorfeld sagen können, was das den Kunden kosten wird.

Stattdessen: „Fordern Sie ein Angebot an“.

Und damit auch immer dieses miese „Die spammen mich dann bestimmt voll, als ob ich nicht genug E-Mails bekäme“-Gefühl und die Gedanken, warum man jetzt ausgerechnet hier seine E-Mail-Adresse hinterlassen und nicht einfach noch zwei Minuten weiter suchen sollte. Nach dem Mitbewerber, der seine Preise veröffentlicht hat.

Ich versteh das wirklich nicht, wenn es um Standardlösungen geht. Klar, es gibt hoch individualisierte Systeme, bei denen man im Vorfeld wirklich nicht genau sagen kann, wie das am Ende zusammgenstellt wird, was dafür an Ressourcen nötig ist und wie sich das auf den Preis auswirkt. Aber ich rede hier von wirklich „einfachen“ Softwarelösungen, nicht diesen speziellen Sachen.

Was tue ich? Meistens schau ich einfach nach einer anderen Lösung, die mir ihre Preise gleich sauber anzeigt und kehre nie wieder zurück. Kunde verloren.

Kürzlich habe ich einen Livechat bei einem solchen Anbieter entdeckt und dort nach einer Preisliste gefragt. Und was bekomme ich binnen 30 Sekunden? Den Link zu einer Preisliste auf ihrer Webseite, von nirgends verlinkt und nicht bei Google indiziert. Auf ihrer normalen Preislistenseite stand, man möge bitte ein individuelles Angebot anfordern. Macht das Sinn?

Ich habe festgestellt: Bei Preisen hört das Problem nicht auf.

“Fordern Sie eine Demo an“. Ne, ich will nicht eure Inbound-Marketing-Maschine lostreten und am Ende eine Stunde Videokonferenz mit einem Vertriebler haben. Ich will einfach nur mal 10 Minuten lang sehen, wie eure Lösung aussieht und funktioniert. Mich da durchklicken und schauen wie das funktioniert. Und wenn ich das gut finde und Fragen habe, dann melde ich mich auch bei euch.

Als Anbieter müsste doch ein natürliches Interesse bestehen, sein Produkt so einfach und gut wie möglich präsentieren zu können. Aber irgendwie wird das künstlich verkompliziert und keiner scheint darüber nachzudenken, ob das die Leute/Kunden nicht eher abschreckt, als den „Sales Funnel“ schön zu füllen.

Mein persönliches Highlight war übrigens die durchaus gut gestaltete und toll funktionierende Webseite eines Anbieters. Eigentlich hat der ein interessantes Produkt, denke ich, aber: Keine Preisliste, keine Demo und keine Adresse. Keine Adresse.

Ich will da nicht hinfahren und ein Ladengeschäft aufsuchen, aber ich wüsste im geschäftlichen Umfeld einfach schon gerne, wo eine Firma ihren Sitz hat. Vielleicht ist das eine Frage des Respekts oder auch etwas anderes, aber ich finds immer gut sagen zu können: „Ja, die sitzen in Lummerland, machen tolle Arbeit da!“

Auf dieser Webseite gab es dann einzig und allein eine @gmail.com-Adresse, die man für weitere Fragen anschreiben konnte. Chance, dass ich diese Lösung zum Kauf vorschlage? Null, weil unseriös.

Vielleicht ist das ein Generationenproblem, dem wir Rechnung tragen sollten?

Ich hab im Vorfeld dieses Beitrags darüber nachgedacht, warum mich das so nervt und ich glaube es ist der Erwartungshaltung „meiner Generation“ geschuldet.

Wir sind mit (Online-)Händlern aufgewachsen, bei denen immer Preise angezeigt wurden. Allen voran natürlich Amazon, die nicht immer den günstigsten Preis und erst recht keinen überragenden Shop haben, die es aber wie kein Zweiter schaffen, schnellstmöglich die wichtigsten W-Fragen (Was ist das? Was kostet das? Wann kommt es bei mir an?) zu beantworten.

Und jeder von uns hat sich schonmal durch einen Konfigurator einer beliebigen Automarke geklickt und mit einer gewissen Faszination und Begeisterung festgestellt, dass für die Ledersitze jetzt nochmal dynamisch ein vierstelliger Eurobetrag auf den Preis addiert wird. Aber am Ende sieht man dann auch einen Preis für ein Auto. Ein Auto! Aber für eine einfache onlinebasierte Softwarelösung soll sowas nicht gehen?

Am Ende ist es vielleicht auch gar kein Problem einer gewissen Generation, sondern der Entwicklung unserer Gesellschaft und der Welt geschuldet.

Wir haben alle keine Zeit, bekommen genug E-Mails am Tag und sind es gewohnt sofort zu sehen, was etwas kostet. Da ist vielleicht zunehmend kein Platz mehr für Anbieter die mit ihren Preisen lieber hinter dem Berg halten.

Es gibt auch Positivbeispiele.

An dieser Stelle will ich noch zwei Positivbeispiele nennen, mit denen ich aktiv zu tun habe oder hatte. Zum einen wäre das Userlike (Live-Chat) und zum anderen Freshdesk (Ticketing/Helpdesk). Beide veröffentlichen klar und deutlich ihre Preise und Funktionsumfänge und oben drauf gibt es sogar einen kostenfreien Plan, mit dem man gut testen kann.

Kleine Unternehmen kommen mit den kostenfreien Angeboten sogar vielleicht komplett aus, so dass hier ein günstiger bzw. kostenfreier Einstieg möglich ist. So würde ich mir das bei allen Saas-Lösungen, sofern möglich, wünschen.

Coverbild: Didier Weemaels on Unsplash


Über mich

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